Arbeitgeberbewertungen im Netz – OLG Dresden konkretisiert Prüfpflichten von Plattformbetreibern

Bewertungsportale für Arbeitgeber bieten eine wichtige Orientierung für Arbeitssuchende. Doch was passiert, wenn eine Bewertung möglicherweise gar nicht von einer echten Ex-Mitarbeiterin oder einem Ex-Mitarbeiter stammt? Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat in seinem Urteil vom 17.12.2024 (Az. 4 U 744/24) dazu Stellung bezogen.

Der Fall: Streit um eine negative Bewertung

Eine Logistikfirma klagte gegen die Betreiberin eines bekannten Arbeitgeberbewertungsportals. Der Grund: Eine anonyme Bewertung mit dem Titel „Schlechtester Arbeitgeber aller Zeiten“. Der Verfasser oder die Verfasserin gab an, bis 2014 im Unternehmen tätig gewesen zu sein. Die Firma bestritt das – aus ihrer Sicht hatte die Person dort nie gearbeitet.

Der Betreiber der Plattform verweigerte die Löschung der Bewertung, stellte jedoch Nachforschungen an. Die bewertende Person legte anonymisierte Arbeits- und Ausbildungsverträge vor. Dennoch entschied das Landgericht Leipzig in erster Instanz zugunsten des Unternehmens und verlangte die Löschung der Bewertung. Die Plattformbetreiberin legte Berufung ein.

Das Urteil des OLG Dresden: Kein Löschungsanspruch

Das OLG Dresden hob das erstinstanzliche Urteil auf. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass die bewertende Person niemals bei ihr angestellt war. Gleichzeitig hatte die Plattformbetreiberin Prüfpflichten eingehalten und die Echtheit der Bewertung hinreichend überprüft.

Das Gericht stellte klar:

  • Arbeitgeber haben ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht fälschlich von Personen bewertet zu werden, die nie für sie tätig waren.
  • Eine einfache Rüge („Diese Person hat nie bei uns gearbeitet“) reicht aus, um Prüfpflichten der Plattform auszulösen.
  • Die Plattform muss dann tätig werden, darf aber die Identität des Bewerters oder der Bewerterin nicht ohne Weiteres offenlegen.
  • Eine vollständige Beweislast für das Fehlen eines Arbeitsverhältnisses trägt jedoch der Arbeitgeber.
  • Die Plattform hatte in diesem Fall ausreichend überprüft, ob die bewertende Person tatsächlich dort beschäftigt war – damit entfiel eine Pflicht zur Löschung der Bewertung.

Was bedeutet das für Arbeitgeber und Bewertungsportale?

Das Urteil stärkt die Rechte von Bewertungsplattformen und setzt klare Maßstäbe für Prüfpflichten. Arbeitgeber können sich nicht auf pauschale Bestreitungen verlassen – sie müssen aktiv darlegen, warum eine Bewertung unwahr sein soll. Plattformbetreiber hingegen sind verpflichtet, bei Beschwerden zu prüfen, ob eine Bewertung auf echten Erfahrungen basiert. Eine Identitätsoffenlegung ist aber nur in engen Grenzen möglich.

Für Unternehmen bedeutet das: Negative Bewertungen sind nicht ohne Weiteres löschbar. Wer gegen eine Bewertung vorgehen will, muss handfeste Argumente liefern. Bewertungsportale müssen hingegen ein wirksames Prüfverfahren etablieren, um Fake-Bewertungen zu verhindern.

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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