Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 27. Juni 2024 (Aktenzeichen I ZR 102/23) eine bedeutende Entscheidung im Bereich des Urheberrechts getroffen. Dieses Urteil klärt die Reichweite des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 UrhG und stärkt die Rechte von Urhebern gegenüber Anmaßungen und Bestreitungen ihrer Urheberschaft.
Tatbestand
Der Kläger, ein Schriftsteller, verhandelte im Jahr 2013 mit der Beklagten über die Übernahme des Lektorats für sein neues Buch „Der verratene Himmel“. Das Buch wurde 2014 im Eigenverlag des Klägers veröffentlicht. Im März 2020 beanspruchte die Beklagte in einem Schreiben an den Kläger die Urheberschaft am Werk und forderte den Kläger auf, sich nicht mehr als Autor des Buches zu bezeichnen. In dem Schreiben hieß es:
„Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich mein gesetzliches Urheberrecht am Werk ‚Der verratene Himmel‘ mit sofortiger Wirkung für mich beanspruche. Da ich mit Ihnen weder einen schriftlichen Vertrag noch eine sonstige abschließende Vereinbarung getroffen habe, werde ich meine bestehenden Ansprüche vollumfänglich geltend machen. Dazu zählen insbesondere mir zustehende Lizenzzahlungen sowie meine Autorenschaft. Ich fordere Sie zudem auf, sich nicht mehr weiter als Autor des Werkes zu bezeichnen.“
Der Kläger sah in diesem Vorgehen eine Verletzung seines Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft und erhob Klage auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 1.171,67 € sowie auf Unterlassung der streitgegenständlichen Behauptungen.
Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht wies die Klage zunächst ab und führte aus, dass ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 13 UrhG nur bestehe, wenn das Bestreiten der Urheberschaft öffentlich werde oder die Gefahr einer solchen Verbreitung bestehe. Das Schreiben der Beklagten sei nur an den Kläger persönlich gerichtet gewesen und habe daher keine öffentliche Wirkung entfaltet.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der BGH sah dies anders und entschied zugunsten des Klägers. Er stellte klar, dass das durch § 13 Satz 1 UrhG geschützte Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft auch dann beeinträchtigt wird, wenn das Bestreiten oder die Anmaßung der Urheberschaft lediglich gegenüber dem Urheber selbst erfolgt. Der BGH führte aus:
- Schutzbereich des § 13 UrhG: Das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft umfasst jede Form des Bestreitens oder der Anmaßung der Urheberschaft, unabhängig davon, ob dies öffentlich oder privat geschieht (Rn. 14-15).
- Kein Erfordernis der Öffentlichkeit: Der Wortlaut des § 13 UrhG gibt keinen Anhaltspunkt für eine einschränkende Auslegung, die den Schutz des Urheberrechts auf öffentliche Bestreitungen begrenzt (Rn. 14).
- Zweck des § 13 UrhG: Der Gesetzgeber wollte dem Urheber ein umfassendes Abwehrrecht gegen jegliche Form des Bestreitens und der Anmaßung seiner Urheberschaft gewähren, was auch private Äußerungen einschließt (Rn. 16).
Der BGH hob hervor, dass der persönliche Charakter des Urheberrechts nicht nur auf den Schutz in der Öffentlichkeit beschränkt ist, sondern auch im Zweipersonenverhältnis zwischen dem Urheber und dem Bestreitenden gilt (Rn. 20).
Bedeutung des Urteils
Dieses Urteil des BGH hat weitreichende Konsequenzen für den Schutz der Urheberrechte in Deutschland. Es stellt klar, dass Urheber auch dann Anspruch auf Schutz und Anerkennung ihrer Urheberschaft haben, wenn das Bestreiten dieser Rechte lediglich ihnen gegenüber und nicht öffentlich erfolgt. Dies stärkt die Position von Urhebern erheblich und erweitert den Anwendungsbereich des § 13 UrhG.
Fazit
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2024 (I ZR 102/23) ist ein bedeutender Schritt zur Klarstellung und Stärkung der Urheberrechte in Deutschland. Es betont die umfassende Schutzwirkung des Urheberpersönlichkeitsrechts und stellt sicher, dass Urheber auch gegen private Bestreitungen ihrer Urheberschaft vorgehen können. Dieses Urteil ist ein wichtiger Meilenstein im deutschen Urheberrecht und bietet Urhebern einen stärkeren Schutz ihrer geistigen Schöpfungen.
Das Urteil finden Sie im Volltext unter Urteil des I. Zivilsenats vom 27.6.2024 – I ZR 102/23 – (bundesgerichtshof.de)
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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