Die Frage, wann und unter welchen Umständen ein negativer SCHUFA-Eintrag rechtmäßig ist, beschäftigt Verbraucher, Unternehmen und die Gerichte gleichermaßen. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig (Az. 17 U 2/24) gibt hierzu wichtige Hinweise. Es zeigt auf, welche Anforderungen an die Übermittlung von Zahlungsrückständen an Wirtschaftsauskunfteien wie die SCHUFA gestellt werden und wo die Grenzen für Unternehmen liegen.
Der Fall: Konflikt um Stromschulden und SCHUFA-Eintrag
Ein Verbraucher klagte gegen die Einmeldung einer offenen Forderung bei der SCHUFA. Die Forderung stammte aus einem Stromliefervertrag, der wegen Zahlungsrückständen vom Versorger fristlos gekündigt worden war. Neben Hauptforderungen wie Abschlagszahlungen enthielt die Abrechnung auch Posten wie Mahngebühren und Verzugskosten. Der Negativeintrag hatte zur Folge, dass der Kläger Kreditanfragen abgelehnt bekam und keine Rechtsschutzversicherung abschließen konnte.
Das Gericht musste klären, ob die Einmeldung rechtmäßig war, insbesondere im Hinblick auf Datenschutzvorschriften wie die DSGVO und die Kriterien des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).
Die Entscheidung: Grenzen der Datenübermittlung
Das OLG Schleswig stellte klar: Die Übermittlung personenbezogener Daten an eine Auskunftei unterliegt strengen Anforderungen. Diese leiten sich aus Art. 6 DSGVO ab, der die Datenverarbeitung nur bei einem berechtigten Interesse erlaubt. § 31 BDSG konkretisiert diese Vorgaben für den Bereich der Bonitätsauskünfte.
Die zentralen Punkte des Urteils:
- Nur Hauptforderungen sind zulässig: Lediglich Forderungen, die aufgrund von Zahlungsrückständen zu einer fristlosen Kündigung berechtigen, dürfen übermittelt werden. Nebenforderungen wie Mahngebühren oder Verzugskosten dürfen nicht gemeldet werden, da sie keine Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit zulassen.
- Klare Trennung erforderlich: Können Haupt- und Nebenforderungen nicht eindeutig voneinander getrennt werden, ist die gesamte Meldung unrechtmäßig. Unternehmen müssen hier besonders sorgfältig vorgehen.
- Pflichten der Unternehmen: Vor der Einmeldung müssen Unternehmen den Schuldner über die Möglichkeit eines SCHUFA-Eintrags informieren. Diese Unterrichtung muss nachweislich zugegangen sein – ein einfacher Versandnachweis reicht nicht aus.
- Verjährte Forderungen: Obwohl eine verjährte Forderung formal noch bestehen mag, ist ihre Einmeldung nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Das berechtigte Interesse des Unternehmens tritt hier regelmäßig hinter das schutzwürdige Interesse des Betroffenen zurück.
Datenschutzrechtliche Bewertung
Das Urteil unterstreicht, dass die Einhaltung der DSGVO und des BDSG für Unternehmen eine hohe Priorität haben muss. Besonders Art. 6 DSGVO fordert eine sorgfältige Interessenabwägung zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und den wirtschaftlichen Interessen von Gläubigern.
Im vorliegenden Fall kritisierte das Gericht, dass die gemeldete Forderung unklare Posten enthielt und keine hinreichende Differenzierung zwischen zulässigen und unzulässigen Positionen vorgenommen wurde. Dies verletzte die Rechte des Betroffenen und führte zur Unrechtmäßigkeit der Einmeldung.
Ansprüche des Betroffenen: Widerruf, aber kein Schmerzensgeld
Der Kläger konnte erfolgreich den Widerruf des SCHUFA-Eintrags durchsetzen. Sein Anspruch auf Schmerzensgeld wurde jedoch abgelehnt. Das Gericht argumentierte, dass die negativen Auswirkungen auf seine Bonität nicht ausschließlich durch den rechtswidrigen Eintrag verursacht worden seien. Vielmehr spielten frühere Bonitätsprobleme, wie eine abgegebene Vermögensauskunft, eine wesentliche Rolle.
Fazit: Sorgfaltspflichten bei SCHUFA-Einträgen
Für Unternehmen ist das Urteil eine Warnung: Die Einmeldung von Zahlungsrückständen an Auskunfteien muss sorgfältig geprüft werden. Unzulässige Posten oder formale Fehler können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Verbraucher sollten ihre Rechte kennen und Einträge prüfen lassen, wenn Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
Telefon: 0751 / 27 088 530