Erste Videoverhandlung nach § 128a ZPO – erste Erfahrungen

Eigentlich hätte ich heute einen Gerichtstermin in Flensburg wahrnehmen müssen. Knapp 950 km trennen meine Kanzlei und das Gericht, so dass selbst bei einer wohlwollenden Anberaumen des Termins auf 13:00 Uhr eine Anreise am heutigen Tag nicht möglich gewesen wäre. Ich hätte demnach bereits gestern mit dem Zug anreisen müssen, ein Hotelzimmer hätte es auch sein dürfen und dann nach der Verhandlung zurück nach Ravensburg. Auch das wäre in einem Tag kaum zu bewerkstelligen gewesen, so dass für den Termin unter normalen Umständen eine 3-tägige Reise angefallen wäre.

Doch dank dem fortschrittlichen Landgericht Flensburg fand die heutige Gerichtsverhandlung über Videokonferenz statt. Der Klägervertreter musste nicht aus Berlin anreisen, ich nicht aus Ravensburg und den Abstand in Coronazeiten konnten wir mehr als perfekt einhalten.

Viel Vorbereitung war nicht erforderlich. Das Gericht sandte vorab Zugangsdaten zur Verhandlung zu. Mehr als einen gängigen Browser und eine stabile Internetverbindung brauchte es nicht. Gut, Mikrofon und Lautsprecher, aber das hat mittlerweile ja jedes Laptop. Auch mittels Jitsi Meet App aus dem Google Playstore oder dem Apple Store wäre es auch handelsüblichen Smartphones möglich gewesen, an der Verhandlung teilzunehmen.

Die Verhandlung selbst empfand ich als ausgesprochen angenehm. Alle Teilnehmer hat man wunderbar verstanden und man hatte alle im Blick. Auf der Klägerseite nahmen nicht nur 2 Anwälte gleichzeitig teil, sondern auch noch der Justiziar der Klägerin, so dass mit dem Richter insgesamt 5 Personen an der Videoverhandlung zeitgleich teilnahmen. Außer ein paar Aussetzer bei einem Kollegen, welche technisch bedingt waren, verlief alles reibungslos und nach knapp 1 Stunde Verhandlung konnte ich meine Tätigkeit am Schreibtisch wieder fortsetzen.

Ich bin begeistert von der Möglichkeit und freue mich, dass nach knapp 18 Jahren des Schattendaseins in der Zivilprozessordnung die Videoverhandlung nun für mich das erste Mal stattgefunden hat. Statt der üblichen ablehnenden Bescheide einen Link zum Videokonferenzsystem zu erhalten war schon genial. Ich hoffe, dass sich die Gerichte auch in Zukunft dieser Möglichkeit nicht verschließen und die unnötige Reisezeit zu Gerichtsterminen bald der Vergangenheit angehören.

Vielen Dank an das Landgericht Flensburg!

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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