Haftung von Plattformbetreibern bei Verstößen gegen Kennzeichnungsvorschriften

Gericht: OLG Frankfurt 6. Zivilsenat
Datum: 21.12.2023
Aktenzeichen: 6 U 154/22
Relevante Normen: § 3a UWG, § 8 Abs 3 UWG, Art 78 Abs 1c VO (EU) Nr. 1308/2013, Art 78 Abs 2 VO (EU) Nr. 1308/2013, Art 6 Abs. 1 DSA

Sachverhalt

Im Fokus des Urteils des OLG Frankfurt stand die Haftung des Betreibers einer Online-Verkaufsplattform bei Verstößen gegen Kennzeichnungsvorschriften, insbesondere die Bezeichnung von Sojaprodukten als „Milch“. Der Kläger forderte den Plattformbetreiber auf, nicht nur spezifische Produktangebote zu entfernen, sondern auch präventive Maßnahmen gegen zukünftige gleichartige Verstöße zu ergreifen.

Entscheidungsgründe und Auswirkungen für Unternehmen

Das Gericht verpflichtete den Plattformbetreiber, nach Kenntnisnahme von Kennzeichnungsverstößen aktiv zu werden. Dies umfasst die Entfernung des konkreten Angebots und die Prävention zukünftiger gleichartiger Verletzungen.

Für Online-Plattformbetreiber und Unternehmen im E-Commerce bedeutet dies eine Ausweitung der Verantwortung und Sorgfaltspflichten. Sie können nicht länger rein reaktiv handeln, sondern müssen proaktive Kontroll- und Überwachungssysteme implementieren, um rechtswidrige Inhalte zu identifizieren und zu verhindern.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

  1. Implementierung von Monitoring-Systemen: Unternehmen sollten effektive Monitoring-Systeme etablieren, die automatisiert potenziell rechtswidrige Inhalte erkennen können. Dies kann durch fortschrittliche Softwarelösungen erfolgen, die bestimmte Schlüsselwörter oder Muster identifizieren.
  2. Schulung des Personals: Angestellte sollten in Bezug auf geltende rechtliche Rahmenbedingungen geschult werden, um Compliance zu gewährleisten und rechtliche Risiken zu minimieren.
  3. Reaktionsmechanismen: Es sollten klare Prozesse und Richtlinien etabliert werden, wie auf Hinweise zu rechtswidrigen Inhalten zu reagieren ist. Dies umfasst sowohl die unmittelbare Entfernung des betroffenen Inhalts als auch die Prävention gleichartiger zukünftiger Verstöße.
  4. Zusammenarbeit mit Lieferanten und Händlern: Plattformbetreiber sollten eng mit ihren Lieferanten und Händlern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass deren Produkte und Werbemaßnahmen den rechtlichen Anforderungen entsprechen.
  5. Regelmäßige Überprüfung der Compliance-Strategien: Angesichts sich ständig ändernder rechtlicher Rahmenbedingungen ist es wichtig, die eigenen Compliance-Strategien regelmäßig zu überprüfen und anzupassen.

Fazit

Das Urteil des OLG Frankfurt setzt neue Maßstäbe in der Verantwortung von Online-Plattformbetreibern und zwingt diese, proaktive Maßnahmen zur Einhaltung von Kennzeichnungsvorschriften und Verbraucherschutzstandards zu ergreifen. Unternehmen im Online-Handel müssen ihre Überwachungs- und Kontrollsysteme stärken, um rechtlichen Risiken vorzubeugen und den Verbraucherschutz zu gewährleisten.

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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