Mit Urteil vom 26. September 2024 (Az. 5 UKI 1/23) hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass Webseitenbetreiber, die Strom- und Gasverträge in Form von Dauerschuldverhältnissen anbieten, die Online-Kündigung für Verbraucher klar und eindeutig ermöglichen müssen. Das Urteil stärkt den Verbraucherschutz, indem es präzise Anforderungen an die Gestaltung der Kündigungsseiten und -buttons festlegt. Es wurde durch den Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) erwirkt.
Der Sachverhalt
Zwei Webseiten der Beklagten, die den Abschluss von Strom- und Gasverträgen online ermöglichen, standen im Fokus. Auf der Webseite „v…de“ fehlte ein direkter Hinweis, dass eine Online-Kündigung möglich ist, während auf der Webseite „l…de“ die Bestätigungsschaltfläche mit „Kündigungsabsicht abschicken“ beschriftet war. Der vzbv argumentierte, dass diese Gestaltung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche und Verbraucher irreführen könne.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Hamburg verurteilte die Beklagte dazu, die Seiten zu überarbeiten und zukünftig bestimmte Gestaltungsrichtlinien für die Kündigungsschaltfläche und -bestätigungen einzuhalten. Das Gericht stützt sich dabei auf die Regelungen des § 312k BGB, der die elektronische Kündigung von Dauerschuldverhältnissen wie Strom- oder Gasverträgen regelt.
Die zentralen Aspekte des Urteils:
- Kündigungsschaltfläche auf der Webseite „v…de“: Das Gericht stellte fest, dass auf Webseiten, über die Verträge geschlossen werden, auch ein direkter Hinweis auf die Online-Kündigungsmöglichkeit enthalten sein muss. Die Beklagte hätte sicherstellen müssen, dass Verbraucher diese Option auf der Webseite „v…de“ klar erkennen.
- Eindeutige Beschriftung des Kündigungsbuttons: Der auf „l…de“ verwendete Button „Kündigungsabsicht abschicken“ wurde vom Gericht als unzureichend eingestuft. Nach § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB muss die Bestätigungsschaltfläche mit „jetzt kündigen“ oder einer ebenso eindeutigen Formulierung versehen sein, die klar signalisiert, dass das Betätigen der Schaltfläche unmittelbare Rechtsfolgen hat und den Vertrag beendet. Formulierungen, die das Wort „Absicht“ beinhalten, vermitteln laut Gericht nicht die erforderliche Klarheit und können Verbraucher in die Irre führen.
- Haftung für die Nichteinhaltung der Gestaltungspflichten: Das OLG machte deutlich, dass Webseitenbetreiber für die korrekte Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich sind, selbst wenn sie eine Drittpartei wie einen Portalbetreiber in den Verkaufsprozess eingebunden haben.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht, dass die Gestaltung der Kündigungsoptionen auf Webseiten, über die Dauerschuldverhältnisse wie Energieverträge abgeschlossen werden, strengen gesetzlichen Vorgaben folgen muss. Verbraucher müssen ohne Umwege zur Kündigung gelangen können, und die Schaltflächen müssen eindeutig formuliert sein. Das Urteil sendet ein klares Signal an Unternehmen, dass sprachliche und strukturelle Unklarheiten nicht zulässig sind.
Fazit
Mit der Entscheidung stellt das OLG Hamburg eine klare Anforderung an die Transparenz und Eindeutigkeit der Online-Kündigungsmöglichkeiten bei Dauerschuldverhältnissen. Verbraucher sollen durch präzise Formulierungen und leicht zugängliche Schaltflächen unterstützt werden, ihre Verträge online unkompliziert und rechtssicher kündigen zu können.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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