Das Oberlandesgericht Hamm hat am 19. Juli 2024 in einem wettbewerbsrechtlichen Streit einen Beschluss erlassen (Az. 4 U 28/24) und die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob eine blickfangmäßig herausgestellte Garantieangabe in einer Produktwerbung irreführend ist, wenn wesentliche Einschränkungen der Garantie nur über einen Link einsehbar sind. Der Beschluss bestätigt das Urteil des Landgerichts Bochum, das die Werbung als irreführend und damit unzulässig eingestuft hatte.
Hintergrund des Verfahrens
Die Beklagte, ein Hersteller von Kochgeschirr, hatte eine beschichtete Bratpfanne online beworben. Besonders hervorgehoben war ein Symbol, das eine „10 JAHRE GARANTIE“ versprach. Erst durch Anklicken eines Links konnten Verbraucher die vollständigen Garantiebedingungen einsehen, aus denen hervorging, dass die Beschichtung der Pfanne von der Garantie ausgeschlossen war. Ein qualifizierter Wirtschaftsverband hatte dies als irreführend beanstandet und auf Unterlassung geklagt.
Das Landgericht Bochum gab dem Kläger in erster Instanz recht. Die Berufung der Beklagten vor dem OLG Hamm wurde nun zurückgewiesen.
Blickfangwerbung und Irreführung
Das Gericht stellte klar, dass es sich bei der Gestaltung der Garantieangabe um eine sogenannte blickfangmäßige Werbung handelt. Solche Werbeaussagen müssen inhaltlich richtig sein oder auf Einschränkungen unmissverständlich hinweisen. Die zentrale Frage war, ob der durchschnittliche Verbraucher – bei flüchtiger Betrachtung – davon ausgehen durfte, dass die zehnjährige Garantie auch die Beschichtung umfasst.
Das OLG Hamm urteilte, dass die Werbung irreführend war. Wesentliche Einschränkungen der Garantie dürfen nicht erst durch zusätzliche Klicks oder vertiefte Recherche auffindbar sein. Insbesondere betonte das Gericht, dass die Zielgruppe von Bratpfannen zu einem Preis von 99,99 € eine solch detaillierte Auseinandersetzung nicht erwarten würde.
Verbraucherfreundlichkeit als Maßstab
Das Gericht verwies in seiner Argumentation auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach ist es unzulässig, wenn Einschränkungen einer blickfangmäßig hervorgehobenen Aussage nur schwer auffindbar oder missverständlich kommuniziert werden. Die Werbung müsse klar und transparent sein, insbesondere bei für den Verbraucher relevanten Aspekten wie Garantien.
Auswirkungen auf die Praxis
Die Entscheidung des OLG Hamm stärkt die Rechte der Verbraucher und setzt klare Grenzen für die Gestaltung von Werbung. Unternehmen müssen bei blickfangmäßigen Aussagen sicherstellen, dass alle wesentlichen Informationen sofort erkennbar sind. Die Entscheidung unterstreicht, dass Links oder ergänzende Informationen in versteckten Bereichen nicht ausreichen, um Transparenz herzustellen.
Fazit
Hersteller und Händler sollten ihre Werbepraxis genau überprüfen, um ähnliche Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Die Anforderungen an blickfangmäßige Werbung sind hoch, insbesondere wenn Verbraucherentscheidungen durch missverständliche Angaben beeinflusst werden könnten.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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