Im digitalen Zeitalter, in dem Einkäufe mit nur wenigen Klicks getätigt werden können, ist der Schutz der Verbraucher vor unerwünschten Langzeitverpflichtungen essenziell geworden. Ein kürzlich gefälltes Urteil des Landgerichts Hildesheim (Az. 3 O 109/23, 9. Januar 2024) unterstreicht diese Notwendigkeit durch die Stärkung der Rechte der Verbraucher im Bezug auf die Kündigungsbutton-Pflicht bei Dauerschuldverhältnissen, selbst wenn der Verkäufer lediglich als Reseller agiert.
Der Fall: Verbraucherschutz vs. Digitaler Handel
Die Verbraucherzentrale hatte gegen die Digistore 24 GmbH geklagt, weil auf einer verlinkten Website, die zu Digistore führte, kein Kündigungsbutton vorhanden war, obwohl dort Dauerschuldverhältnisse angeboten wurden. Die Besonderheit? Digistore war nicht der direkte Betreiber der Seite ohne Kündigungsbutton, sondern fungierte als Reseller. Das LG Hildesheim entschied jedoch, dass auch in solchen Fällen der Reseller die Pflicht hat, die Anbringung eines Kündigungsbuttons zu gewährleisten.
Leitsätze des Urteils und ihre Bedeutung
- Beauftragtenverhältnis: Das Gericht stellte klar, dass die Verantwortung für die Einhaltung von Verbraucherschutzgesetzen nicht nur bei direkten Anbietern, sondern auch bei indirekt beteiligten Parteien wie Resellern liegt.
- Einflussnahme durch Reseller: Es wurde hervorgehoben, dass Reseller einen signifikanten Einfluss auf ihre Zulieferer ausüben können und müssen, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
- Universalität der Kündigungsbutton-Pflicht: Unabhängig davon, wer die Website betreibt, muss ein Kündigungsbutton vorhanden sein, um den Verbrauchern eine einfache Kündigungsmöglichkeit zu bieten.
Implikationen für den Verbraucherschutz
Dieses Urteil markiert einen wesentlichen Fortschritt im Verbraucherschutz, indem es die Barrieren für die Kündigung von Online-Verträgen senkt. Verbraucher müssen nun nicht mehr nach versteckten Kündigungsoptionen suchen, was zu einer transparenteren und vertrauenswürdigeren Online-Einkaufsumgebung führt.
Auswirkungen auf Unternehmen
Für Unternehmen, insbesondere Reseller, bedeutet dieses Urteil, dass sie ihre Prozesse überdenken und sicherstellen müssen, dass Kündigungsoptionen klar und deutlich auf allen Websites, die zu ihnen führen, angezeigt werden. Dies könnte eine engere Zusammenarbeit mit Partnern und eine Überarbeitung von Vereinbarungen erfordern, um Compliance zu gewährleisten.
Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung
Das Urteil des LG Hildesheim stärkt die Position der Verbraucher im digitalen Handel. Es sendet ein klares Signal an alle Akteure im Online-Handel, dass die Rechte der Verbraucher an vorderster Front stehen müssen. Dieser Präzedenzfall dürfte langfristige Auswirkungen auf die Gestaltung von Online-Geschäftsmodellen und die Entwicklung von Verbraucherschutzstrategien haben.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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