LAG Baden-Württemberg: Vorliegen eines Schadens muss nachgewiesen werden. Potenzieller Missbrauch reicht nicht aus.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat am 05.03.2024, AZ 15 Sa 45/23 über die Schadensersatzansprüche eines Arbeitnehmers entschieden, der ohne seine Kenntnis im Betrieb gefilmt wurde. Das Urteil beleuchtet die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitgeber für Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Datenschutzverstöße haftet.

Zusammenfassung des Falls: Der Kläger forderte von seiner ehemaligen Arbeitgeberin Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro, weil er ohne seine Einwilligung im Betrieb gefilmt wurde. Der Kläger war vom 01.04.2021 bis zum 31.12.2021 bei der Beklagten, einem Industrieunternehmen, beschäftigt. Am 12.05.2021 zeichnete eine Go-Pro-Kamera in einem gemeinsamen Büroraum eine Videoaufnahme auf, die auch den Kläger erfasste (Rn. 4).

Entscheidungsgründe des Gerichts: Das Gericht wies die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart zurück. Es stellte fest, dass die Beklagte nicht für die Aufnahmen verantwortlich sei und dem Kläger kein immaterieller Schaden entstanden sei, der einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen würde.

  1. Keine Haftung der Beklagten: Die Beklagte haftet nicht für die Handlungen des Mitarbeiters E., der die Kamera unbeabsichtigt laufen ließ. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte keine Kenntnis von der Aufnahme hatte und der Mitarbeiter E. eigenständig handelte. Eine Zurechnung seiner Handlungen als Erfüllungsgehilfe der Beklagten sei nicht gegeben (Rn. 53-61).
  2. Kein immaterieller Schaden: Das Gericht stellte fest, dass ein immaterieller Schaden nicht allein durch den Kontrollverlust über die Daten entsteht. Der Kläger konnte keinen konkreten Schaden nachweisen, der durch die Aufnahme verursacht wurde. Es gab keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Daten (Rn. 87-90).
  3. Datenschutzrechtlicher Anspruch: Auch ein Anspruch nach Art. 82 DSGVO wurde verneint. Das Gericht folgte der Rechtsprechung des EuGH, wonach der bloße Verstoß gegen die DSGVO keinen Schadensersatzanspruch begründet. Es muss ein konkreter Schaden nachgewiesen werden, was im vorliegenden Fall nicht gelungen ist (Rn. 83-86).

Bedeutung des Urteils: Dieses Urteil verdeutlicht, dass ein Arbeitgeber nicht automatisch für Datenschutzverstöße seiner Mitarbeiter haftet. Es betont auch, dass der Nachweis eines konkreten Schadens erforderlich ist, um einen Schadensersatzanspruch nach der DSGVO geltend zu machen.

Fazit: Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 05.03.2024 zeigt die hohen Anforderungen an den Nachweis eines immateriellen Schadens bei Datenschutzverstößen. Arbeitgeber sollten ihre Datenschutzmaßnahmen sorgfältig überprüfen und sicherstellen, dass Mitarbeiter angemessen geschult sind, um solche Vorfälle zu vermeiden.

Das Urteil finden Sie im Volltext hier: Landesrecht BW – 15 Sa 45/23 | Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 15. Kammer | Urteil | Schadensersatz wegen unberechtigter Filmaufnahme eines Arbeitnehmers – … (landesrecht-bw.de)

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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