LG Berlin: bloße Adresse ist noch kein personenbezogenes Datum

Das Landgericht Berlin hatte mit Urteil vom 27.1.2022 – 26 O 177/21 entschieden, dass die bloße Adresseingabe bei Google Maps noch kein personenbezogenes Datum darstellt und daher die DSGVO noch keine Anwendung findet. Vielleicht kam das Landgericht zu dem Ergebnis, weil die Beklagte hier eine Richterin gewesen ist.

Sachverhalt

In dem dortigen Verfahren führte die Klägerin 2017/2018 beim AG Pankow/Weißensee ein Verfahren gegen ihren Mann, mit dem sie Trennungs- und Kindesunterhalt geltend machte. Im Laufe des dortigen Verfahrens „googelte“ die zuständige Richterin die genaue Adresse der Klägerin, also gab Adressdaten in Zusammenhang mit der Adresse „… 12, Berlin“ bei Google Maps ein. In einem Beschluss des AG v. 26.9.2018 heißt es: „… bei einer bei Google Maps ersichtlichen Grundfläche des Doppelhauses von über 150 qm (dürfte) die Immobilie der Beteiligten mind. eine Wohnfläche von 100 qm haben …“. Die Klägerin hatte zuvor in eine entsprechende Recherche bei Google Maps nicht eingewilligt. Die Klägerin meint: Die verschiedenen Ansichtsfunktionen bei dem Internetdienst „Google Maps“ setzten stets eine Übermittlung von personenbezogenen Daten in ein Drittland (USA) voraus. Bei der Wohnadresse der Klägerin handele es sich um personenbezogene Daten iSd DS-GVO. Der Beklagte könne sich schließlich auch nicht auf einen Erlaubnistatbestand berufen, denn die Recherche sei nicht erforderlich gewesen. Bei der Bemessung des immateriellen Schadensersatzes sei die massive Rechtsverletzung sowie der Abschreckungscharakter zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe des Gerichts

Es fehlt bereits an einem Verstoß gegen die DS-GVO. Insb. hat der Bekl. weder personenbezogene Daten entgegen Art. 5 DS-GVO nicht rechtmäßig verarbeitet noch liegt eine unzulässige Übermittlung von personenbezogenen Daten in einen Drittstaat und damit ein Verstoß gegen Art. 44 DS-GVO vor.

Es ist bereits unklar, welche genauen Adressdaten die Richterin bei Google Maps eingegeben hat. Auch wenn bereits die Angabe „…, 1..3156 Berlin“ ausreichen könnte, um dann zu dem entsprechenden Hausgrundstück mit der Nr. 12 in Google Maps zu „wandern“, mag hier unterstellt werden, dass die Richterin die Daten „… 12, 1..3156 Berlin“ eingegeben hat. Doch auch bei der bloßen Nutzung der Anschrift „… 12, 1..3156 Berlin“ auf der Website von Google fehlt es an einem personenbezogenen Datum.

„Personenbezogene Daten“ sind gem. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insb. mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann.

In der bloßen Eingabe einer (puren) Adresse ist noch kein personenbezogenes Datum zu erblicken. Denn die bloße Adresse ohne Bezugnahme auf eine Person – sei es durch namentliche Nennung, sei es durch die Bezugnahme auf ein diese Adresse betreffendes Eigentums-, Besitz- oder Mietverhältnis oÄ – stellt keinen hinreichenden Personenbezug dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Zweck der DS-GVO der Schutz der Grundrechte natürlicher Personen bei der Verarbeitung der ihnen zugeordneten Daten ist, nicht ein wie auch immer gearteter Schutz der Daten selbst oder wirtschaftlicher oder anderer Interessen der datenverarbeitenden Organisationen. Die Begriffsbestimmungen und andere Regelungen der DS-GVO sind daher immer vor dem Hintergrund des möglichen Effekts der Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf die betroffenen Personen zu verstehen (Ehmann/Selmayr/Klabunde, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 7).

LG Berlin, a.a.O.

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TTDSG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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