Ein spannendes Urteil des US-Berufungsgerichts des sechsten Bezirks bringt erneut Bewegung in die langjährige Debatte um Netzneutralität und die Regulierung von Internetdienstleistern. In der Entscheidung Ohio Telecom Ass’n v. FCC vom 2. Januar 2025 stellt das Gericht klar: Die Federal Communications Commission (FCC) hat mit ihrer jüngsten Regelung zur Wiederherstellung der Netzneutralität ihre Kompetenzen überschritten.
Hintergrund: Ein regulatorisches Hin und Her
Seit den 2000er Jahren versucht die FCC, sogenannte Netzneutralitätsregeln zu etablieren. Diese sollen verhindern, dass Internetdienstleister bestimmte Inhalte bevorzugen oder benachteiligen, indem sie beispielsweise Übertragungsgeschwindigkeiten drosseln oder bestimmte Websites blockieren. 2015 wurde die Netzneutralität erstmals als verbindliche Regelung unter dem damaligen Präsidenten Obama eingeführt – Internetanbieter wurden als „Telekommunikationsdienstleister“ klassifiziert und somit als „common carrier“ reguliert.
Mit der Trump-Administration wurde dieser Schritt 2018 rückgängig gemacht. Die FCC entschied damals, dass Internetanbieter lediglich „Informationsdienste“ anbieten, die nicht unter die strengen Regeln für Telekommunikationsdienstleister fallen. Unter der Biden-Administration kehrte die FCC 2024 erneut zur strengeren Regulierung zurück – eine Entscheidung, die jetzt gekippt wurde.
Das Urteil: Der Gesetzestext entscheidet
Das Gericht wendet sich in seiner Entscheidung gegen eine wechselnde Interpretation durch die FCC und beruft sich auf die ursprüngliche Gesetzeslage des Telecommunications Act von 1996. Im Kern geht es um die Frage, ob Internetanbieter lediglich Daten transportieren (Telekommunikationsdienst) oder ob sie ihren Kunden auch die Möglichkeit bieten, Informationen zu generieren, abzurufen oder zu speichern (Informationsdienst).
Die Richter folgten der Argumentation der Kläger – einer Gruppe von Telekommunikationsverbänden –, dass Internetanbieter eindeutig „Informationsdienste“ anbieten. Dies ergibt sich laut Gericht aus der Tatsache, dass Nutzer durch ihren Internetanschluss auf Inhalte zugreifen und mit diesen interagieren können.
Richter Griffin betont, dass das Gesetz klar zwischen „Telekommunikationsdiensten“ und „Informationsdiensten“ unterscheidet und dass die FCC diesen Unterschied nicht einfach durch eine Neubewertung verwischen darf.
Auswirkungen auf mobile Breitbanddienste
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Entscheidung betrifft mobile Breitbanddienste. Auch hier hatte die FCC versucht, diese als „kommerziellen Mobilfunkdienst“ einzustufen, um sie der strengeren Regulierung zu unterwerfen. Das Gericht lehnte diese Klassifizierung ab und entschied, dass mobile Breitbanddienste als „private Mobilfunkdienste“ einzustufen sind, die nicht den gleichen Regularien unterliegen.
Bedeutung der Entscheidung
Dieses Urteil könnte weitreichende Folgen für die künftige Regulierung des Internets in den USA haben. Es setzt ein deutliches Zeichen dafür, dass die Gerichte eine restriktive Auslegung der FCC-Befugnisse bevorzugen und eine allzu flexible Handhabung der gesetzlichen Vorgaben nicht dulden.
Für Internetanbieter bedeutet dies vorerst, dass sie weiterhin relativ frei agieren können, ohne sich umfassenden Netzneutralitätsvorgaben unterwerfen zu müssen. Kritiker befürchten jedoch, dass dies langfristig zu einer Spaltung des Internets führen könnte – mit schnelleren Verbindungen für zahlungskräftige Anbieter und langsameren Verbindungen für kleinere Akteure.
Fazit
Das Urteil zeigt, wie eng die regulatorischen Spielräume der FCC gefasst sind und dass Gerichte bereit sind, die Grenzen der Behörden genau zu überprüfen. Die Debatte um Netzneutralität ist damit jedoch nicht beendet – vielmehr dürfte sie mit Blick auf künftige politische Entwicklungen erneut an Fahrt aufnehmen.
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Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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