Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat am 27. Juni 2024 ein wegweisendes Urteil im Wettbewerbsrecht gefällt (Az.: 2 U 37/24). Der Fall betrifft zwei Dentalhandelsgesellschaften, die im Handel mit im Ausland gefertigtem Zahnersatz im Wettbewerb zueinander stehen. Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Einhaltung von Unterlassungserklärungen und die Bemessung von Vertragsstrafen.
Hintergrund des Falls
Die Klägerin und die Beklagte, beide in der Stadt A ansässige Dentalhandelsgesellschaften, streiten seit 2014 über die Einhaltung von Unterlassungsverpflichtungen. Die Beklagte, als Marktführerin für Qualitätszahnersatz aus dem Ausland, erzielte 2014 einen Umsatz von 45 Millionen Euro und einen Gewinn von etwa 15 Millionen Euro. Die Klägerin warf der Beklagten vor, irreführende Werbeaussagen zu tätigen und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Streitgegenstand
Im Juli 2014 gab die Beklagte eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete, bestimmte Aussagen zu unterlassen:
- Familienunternehmen: Die Behauptung, sie sei ein Familienunternehmen.
- Zahnarztzusammenarbeit: Die Behauptung, sie arbeite mit 7000 oder mehr Zahnärzten ohne Hinweis, dass in diese Zahl auch einmalige Kontakte einbezogen sind.
- Patientenanfragen: Die Behauptung, sie werde täglich 4000-mal von Patienten nach Zahnärzten gefragt.
Obwohl diese Verpflichtung eingegangen wurde, verschickte die Beklagte in mindestens 10.045 Fällen Werbebroschüren mit den beanstandeten Aussagen und hielt diese Aussagen zudem online zugänglich.
Entscheidungsinhalt
Das OLG Düsseldorf hat das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt entschieden:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 109.000 Euro zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die genaue Aufteilung der Zahlungspflicht ergibt sich aus der Feststellung, dass die Klägerin ursprünglich eine Vertragsstrafe von insgesamt 1.278.500 Euro geltend gemacht hatte, die jedoch vom Gericht als unbillig erachtet und neu festgesetzt wurde.
Begründung des Gerichts
Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte mehrfach schuldhaft gegen die Unterlassungspflichten verstoßen hat, insbesondere durch den Versand der Arzt- und Patientenbroschüren und deren Online-Bereitstellung. Folgende Punkte waren entscheidend:
- Postalischer Versand der Broschüren:
- Der Versand von 9.930 Patientenbroschüren wurde als eine Zuwiderhandlung gewertet und eine Vertragsstrafe von 85.000 Euro als angemessen angesehen.
- Der Versand von 115 Arztbroschüren wurde ebenfalls als eine Zuwiderhandlung gewertet, wofür eine Vertragsstrafe von 5.000 Euro festgesetzt wurde.
- Online-Bereitstellung der Broschüren:
- Die Patientenbroschüre war bis zum 18.08.2014 online zugänglich. Hierfür wurde eine Vertragsstrafe von 8.000 Euro festgesetzt.
- Pressemitteilungen:
- Die Beklagte unterließ es, vier Pressemitteilungen aus dem Internet zu entfernen, die gegen die Unterlassungspflicht verstießen. Hierfür wurde eine Vertragsstrafe von insgesamt 4.000 Euro (1.000 Euro pro Mitteilung) festgesetzt.
- Stellenausschreibungen:
- Drei Stellenausschreibungen, die die untersagte Aussage enthielten, wurden nicht entfernt. Dafür wurde eine Vertragsstrafe von insgesamt 7.000 Euro festgesetzt.
Folgen des Urteils
Die Entscheidung verdeutlicht mehrere wichtige Punkte für Unternehmen:
- Vertragsstrafen: Verstöße gegen Unterlassungserklärungen können hohe Vertragsstrafen nach sich ziehen, deren Höhe im Verhältnis zur Schwere des Verstoßes und der wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens stehen muss.
- Compliance: Die strikte Einhaltung von Unterlassungserklärungen ist essenziell, um rechtliche und finanzielle Konsequenzen zu vermeiden.
- Verantwortung: Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Kommunikationsstrategien und -inhalte vollständig den eingegangenen Verpflichtungen entsprechen.
Fazit
Das Urteil des OLG Düsseldorf zeigt, wie wichtig die Einhaltung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärungen ist. Es verdeutlicht, dass Verstöße nicht nur finanzielle Strafen nach sich ziehen, sondern auch das Unternehmensimage und die Wettbewerbsposition erheblich beeinträchtigen können. Unternehmen sollten daher ihre Marketing- und Kommunikationsstrategien sorgfältig überprüfen und sicherstellen, dass sie allen rechtlichen Anforderungen entsprechen.
Für eine ausführliche rechtliche Beratung und Unterstützung bei der Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Vorgaben stehen ich Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich, um Ihre Fragen zu klären und rechtliche Risiken zu minimieren.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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