OLG Frankfurt am Main: Keine automatische Löschung von Restschuldbefreiung in Auskunfteien nach 6 Monaten

Neben dem OLG Hamburg und dem OLG Koblenz hat sich auch das OLG Frankfurt mit Urteil vom 27.9.2022 – 7 U 16/22 auf die Seite der Wirtschaftsauskunfteien gestellt und entschieden, dass eine Speicherung von Daten über eine Restschuldbefreiung nicht automatisch unrechtmäßig wird, nachdem sie im Portal für die Insolvenzbekanntmachungen (www.insolvenzbekanntmachungen.de) nach 6 Monaten gelöscht worden sind.

Die Bekl. ist nicht gem. Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO zur Löschung der Information über die Erteilung der Restschuldbefreiung verpflichtet. Die Datenverarbeitung war rechtmäßig, weil sie gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zulässig war. Es besteht ein berechtigtes Interesse der Bekl. und ihrer Vertragspartner an der Datenverarbeitung, welches die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten des Kl. überwiegt. …

Ein solches Interesse ist bei der Bekl. anzunehmen.

Sie erteilt ihren Vertragspartnern Auskunft über kreditrelevante Umstände potenzieller Kunden. Diese Auskünfte sind erforderlich, um das Informationsdefizit der Kreditgeber auszugleichen. Die Verarbeitung der Daten dient dazu, Kreditgebern eine zutreffende und objektive Einschätzung der Bonität eines potenziellen Vertragspartners zu ermöglichen. Damit bestehen berechtigte Interessen Dritter und der Bekl. gleichermaßen (OLG Oldenburg Urt. v. 23.11.2021 – 13 U 63/21 [= ZD 2022, 103]). Es kommt entgegen der Ansicht des OLG Schleswig (Urt. v. 3.6. 2022 – 17 U 5/22 [= ZD 2022, 500 mAnm Thüsing/Rombey]) nicht darauf an, dass die potenziellen Vertragspartner der Bekl. regelmäßig noch nicht individuell bekannt sind; das berechtigte Interesse eines Kreditgebers an der Erteilung der Information steht vielmehr bereits bei der Speicherung der Daten fest. …

Der Kl. kann ein überwiegendes Interesse auch nicht auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die in diesem Zusammenhang zur Vorratsdatenspeicherung ergangene Rspr. des BVerfG stützen. Anders als in diesen Fällen anlassloser Datenspeicherung besteht vorliegend ein konkreter, wenn auch vorsorglicher Anlass zur Speicherung der Daten: Die von dem Kl. konkret zu verantwortende, auf Zahlungsausfällen beruhende Restschuldbefreiung. Dabei schadet dem begründeten Interesse der Bekl. nicht, dass es möglicherweise tatsächlich nicht zu einer Anfrage kommen könnte. Würde ihr eine Speicherung allein auf Grund der Unsicherheit einer späteren Abfrage untersagt, könnte sie ihr Geschäft nicht mehr ausüben (OLG Stuttgart Urt. v. 10.8.2022 – 9 U 24/22 [= ZD 2022, 691]).

OLG Frankfurt a.M., a.a.O

Auch hier hat das Gericht auf das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO abgestellt.

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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