OLG Frankfurt: Klärung zur Unzulässigkeit einer Teilwiderklage und zur Vertragsart bei Softwareprojekten

In einem aktuellen Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Az. 10 U 201/22, Urteil vom 19.12.2024) zentrale Fragen zu IT-Verträgen und Prozessrecht entschieden. Dabei ging es insbesondere um die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstverträgen sowie die Unzulässigkeit einer unklaren Teilwiderklage.

Der Fall: Streit um IT-Leistungen und Vergütung

Eine IT-Dienstleisterin klagte auf Zahlung ausstehender Honorare für die Programmierung von Schnittstellen in zwei Softwareprojekten. Die Beklagte, ein Personalberatungsunternehmen, verweigerte die Zahlung mit der Begründung, die Leistungen seien mangelhaft oder gar nicht erbracht worden. Mit einer Widerklage verlangte sie zudem die Rückerstattung bereits gezahlter Vergütung.

Kernpunkte des Urteils

  1. Unzulässigkeit der Teilwiderklage:
    • Die Beklagte hatte nur einen Teil der gezahlten Vergütung zurückgefordert, ohne klarzustellen, wie sich der Betrag auf die beiden Softwareprojekte verteilt.
    • Da es sich um zwei separate Streitgegenstände handelte, wäre eine genaue Zuordnung erforderlich gewesen.
    • Ohne eine solche Aufschlüsselung wurde die Widerklage als unzulässig abgewiesen.
  2. Werkvertrag oder Dienstvertrag?
    • Das OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, dass der Vertrag als Dienstvertrag und nicht als Werkvertrag zu qualifizieren sei.
    • Ausschlaggebend war, dass eine stundenweise Vergütung vereinbart wurde und kein konkreter „Erfolg“ als geschuldete Leistung festgehalten war.
    • Auch das Fehlen einer Abnahmeklausel sowie die Möglichkeit, die Aufgabenstellung während der Vertragslaufzeit anzupassen, sprachen für einen Dienstvertrag.
  3. Kein Schadensersatz für unbrauchbare Leistung:
    • Die Beklagte argumentierte, die geleistete Arbeit sei völlig unbrauchbar gewesen.
    • Das OLG stellte klar: Ein Dienstvertrag begründet nur dann einen Schadensersatzanspruch, wenn eine schuldhafte Pflichtverletzung nachgewiesen wird – was hier nicht der Fall war.
  4. Kostenentscheidung gegen die Streithelferin:
    • Da die Beklagte sich nicht aktiv am Berufungsverfahren beteiligte, wurden die Verfahrenskosten der Streithelferin auferlegt.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil hat weitreichende Folgen für IT-Verträge:

  • Unternehmen sollten genau festlegen, ob ein Projekt ein Werk- oder ein Dienstvertrag ist. Eine erfolgsabhängige Vergütung spricht für einen Werkvertrag, während eine stundenbasierte Abrechnung meist einen Dienstvertrag begründet.
  • Teilwiderklagen müssen eindeutig formuliert sein. Wer eine Rückzahlung verlangt, muss klar aufschlüsseln, worauf sich die Forderung bezieht.
  • „Unbrauchbare Leistung“ führt nicht automatisch zu Schadensersatz. Im Dienstvertragsrecht kommt es auf eine Pflichtverletzung an, nicht nur auf den fehlenden Erfolg.

Das OLG Frankfurt bestätigt mit diesem Urteil die strenge Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkverträgen und setzt hohe Anforderungen an die Bestimmtheit von Teilklagen.

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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