OLG Hamburg: Speicherung von Daten über Restschuldbefreiung auch über 6 Monate hinaus

Das Oberlandesgericht Hamburg hat mit Urteil vom 6.10.2022 – 6 U 6/22 entschieden, dass eine Wirtschaftsauskunftei Daten über die Restschuldbefreiung eines Betroffenen auch über die 6 Monate hinaus speichern darf, die § 3 InsBekV vorsieht.

In § 3 InsbekV sind Löschfristen in Insolvenzverfahren wie folgt definiert:

(1) Die in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgte Veröffentlichung von Daten aus einem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens wird spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht. Wird das Verfahren nicht eröffnet, beginnt die Frist mit der Aufhebung der veröffentlichten Sicherungsmaßnahmen.

(2) Für die Veröffentlichungen im Restschuldbefreiungsverfahren einschließlich des Beschlusses nach § 289 der Insolvenzordnung gilt Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Frist mit Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung zu laufen beginnt.

(3) Sonstige Veröffentlichungen nach der Insolvenzordnung werden einen Monat nach dem ersten Tag der Veröffentlichung gelöscht.

(4) Die in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgte Veröffentlichung von Daten aus einer Restrukturierungssache wird spätestens sechs Monate nach der Anordnung des jeweiligen Stabilisierungs- oder Restrukturierungsinstruments, bei Stabilisierungsanordnungen nach dem Ende ihrer Wirkungsdauer gelöscht.

Der Betroffene wollte erreichen, dass die Daten über die Erlangung der Restschuldbefreiung, welche im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de nicht mehr einsehbar waren, auch in der Auskunftei gelöscht werden. Auskunfteien sind z.B. die SCHUFA (ob diese hier Verfahrensbeteiligte gewesen ist, entzieht sich meiner Kenntnis).

Das OLG Hamburg teilte diesem Begehren eine Abfuhr und urteilte, dass die Auskunftei ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO habe, die Daten länger zu speichern.

Die Verarbeitung durch die Bekl. ist insb. auf Grundlage der Interessenabwägungsklausel nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO zulässig, weil (jedenfalls) berechtigte Interessen der Vertragspartner der Bekl. bestehen, die die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten des Kl. überwiegen (allgemein zu den Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO: BGH Urt. v. 12.10.2021 – VI ZR 489/19 [= ZD 2022, 225 mAnm Gulden = MMR 2022, 202 mAnm Müller] und VI ZR 488/19).

OLG Hamburg, Urteil vom 6.10.2022 – 6 U 6/22

Auch ein Löschanspruch des Betroffenen aus Art. 17 DSGVO verneinte das Gericht in Hamburg:

Ein Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 lit. a DS-GVO setzt voraus, dass die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr benötigt werden. Das ist vorliegend nicht der Fall. Der Eintrag über die Restschuldbefreiung wird nämlich von der Bekl. gespeichert, um ihren Vertragspartnern hierüber Auskunft erteilen zu können. Unstreitig löscht die Bekl. die Daten zur Restschuldbefreiung genau drei Jahre nach der Eintragung. Die DS-GVO enthält über den Erforderlichkeitsgrundsatz in Art. 5 Abs. 1 lit. e DS-GVO hinaus keine konkreten Vorgaben zu den Prüf- und Löschfristen. Art. 40 Abs. 2 DS-GVO sieht vor, dass Verbände und andere Vereinigungen, die Kategorien von Verantwortlichen oder Auftragsverarbeitern vertreten, Verhaltensregeln ausarbeiten können, mit denen die Anwendung der DS-GVO präzisiert wird. Wie oben dargelegt, wurden solche Verhaltensregeln für den Bereich der Wirtschaftsauskünfte geschaffen und genehmigt. Unter Ziff. II. 2b) dieser Verhaltensregeln wird festgelegt: „Informationen über (Verbraucher- bzw. Regel-)Insolvenzverfahren oder Restschuldbefreiungsverfahren werden taggenau drei Jahre nach Beendigung des Insolvenzverfahrens oder Erteilung der Restschuldbefreiung gelöscht.“ Dieser Regel entspricht das Vorgehen der Bekl.

OLG Hamburg a.a.O

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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