OLG München: Kein Rückzahlungsanspruch bei Buchung eines Coachings zum Business-Aufbau

Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied in einem Beschluss vom 16.05.2024 (Az. 3 U 984/24e) über die Rückzahlungsansprüche einer Klägerin, die ein teures Coaching-Programm zur Unternehmensentwicklung gebucht hatte. Die Klägerin forderte die Rückzahlung der Coaching-Gebühren in Höhe von 20.000 Euro, da sie der Ansicht war, der Vertrag sei unwirksam. Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wurde vom OLG jedoch zurückgewiesen, und es wurde klargestellt, dass kein Anspruch auf Rückzahlung besteht.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin buchte im Juni 2022 ein Coaching-Programm namens „Business Raketen Club – Coaching zum Business-Aufbau“ bei der Beklagten, einem Coaching-Unternehmen. Das Programm war auf eine Dauer von neun Monaten angelegt und kostete 20.000 Euro. Das Coaching umfasste individuelle Betreuung, strategische Beratung zur Unternehmensentwicklung und Schulungen zur Nutzung von Social-Media-Plattformen. Die Klägerin erklärte im Februar 2023, dass sie das Vertragsverhältnis beenden wolle, und forderte später die Rückzahlung der gezahlten Teilnahmegebühr.

Entscheidung des OLG München

Das OLG München wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.02.2024 zurück. Es wurde festgestellt, dass kein Anspruch auf Rückzahlung der Coaching-Gebühren besteht, da der Vertrag weder unwirksam noch sittenwidrig ist und auch keine Anfechtung oder Kündigung erfolgreich war.

Kernaussagen des Urteils

  1. Kein Dissens oder Anfechtungsgrund
    Das OLG stellte fest, dass zwischen den Parteien kein Dissens bezüglich des Vertragsinhalts bestand. Die Klägerin hatte die Leistungen des Coaching-Programms klar definiert und in einem Onboarding-Call bestätigt. Eine spätere Unzufriedenheit mit dem Coaching ist kein ausreichender Grund, den Vertrag anzufechten oder als unwirksam anzusehen. Zudem wurde die Anfechtungsfrist nach § 121 BGB nicht eingehalten.
  2. Keine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB
    Das Gericht lehnte die Behauptung ab, dass der Vertrag sittenwidrig sei. Selbst wenn die Klägerin einen Teil der Gebühren finanzieren musste, begründet dies keine Sittenwidrigkeit. Die vereinbarten 20.000 Euro für neun Monate Coaching seien angesichts vergleichbarer Programme marktüblich. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt.
  3. Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nicht anwendbar
    Ein weiterer zentraler Punkt war die Anwendbarkeit des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG). Die Klägerin argumentierte, dass der Vertrag gegen das FernUSG verstoße, da es sich um eine Art Fernunterricht handele, der einer Überwachung des Lernerfolgs bedürfe. Das OLG stellte jedoch klar, dass das Coaching nicht unter das FernUSG falle, da es keine formale Lernzielkontrolle gab. Stattdessen handelte es sich um eine individuelle Beratung ohne verbindliche Prüfungen oder Zertifikate. Somit waren die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG nicht erfüllt.
  4. Keine Kündigung aus wichtigem Grund
    Auch die Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund nach § 626 BGB war nicht gerechtfertigt. Das Gericht führte aus, dass das Coaching-Verhältnis keine besondere Vertrauensstellung erforderte, wie dies etwa bei bestimmten Unternehmensberatungen der Fall ist. Zudem wäre eine Teilvergütung für die bereits erbrachten Leistungen zu berücksichtigen gewesen, was die Rückzahlungsforderung weiter entkräftete.

Fazit

Das OLG München entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung der Coaching-Gebühren hat. Weder die Anfechtung noch die Berufung auf das Fernunterrichtsschutzgesetz waren erfolgreich. Die Entscheidung zeigt, dass Coaching-Verträge zur Unternehmensentwicklung, die keine formale Lernzielkontrolle beinhalten, nicht unter das FernUSG fallen und auch dann nicht sittenwidrig sind, wenn sie einen hohen Preis haben.

Stefan Lutz, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.

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