Das Saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 9.9.2022 – 5 U 117/21 zu entscheiden gehabt, ob und inwieweit einen Hostprovider eine Prüfpflicht trifft, wenn er eine Beanstandung für eine von ihm gehostete Internetbewertung erhält.
Sachverhalt
Der Kläger ist als Fachzahnarzt für Oralchirurgie in eigener Praxis tätig. Die Beklagte bietet den Internetdienst „Local Reviews“ an, bei dem registrierte Nutzer der Beklagten die Möglichkeit haben, Unternehmen, Geschäfte, Arztpraxen, Orte und sonstige Einrichtungen zu bewerten. Diese Bewertungen werden bei entsprechenden Suchabfragen in der Suchmaschine der Beklagten in einem abgesetzten Bereich neben den eigentlichen Suchergebnissen angezeigt, der auch allgemeine Informationen zu der Einrichtung enthält (sog. „Local Listings“). Auch in „Google Maps“ werden diese Listings angezeigt, wenn in der Karte die entsprechende Einrichtung ausgewählt wird. Über den Dienst „Google My Business“ können sich die Inhaber von Unternehmen usw. registrieren, um Informationen (z. B. Öffnungszeiten) zu ihrem Local Listing einzustellen. Sie haben auch die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren; diese Kommentare erscheinen dann als „Antwort vom Inhaber“ im Zusammenhang mit der ursprünglichen Bewertung. Der Kläger ist für diesen Dienst bei der Beklagten registriert.
Im Dezember 2020 erhielt der Kläger sodann folgende Bewertung:
Ich hatte gestern am 17 . Dezember 2020 einen OP Termin, wo mir 2 oder 3 Zähne entfernt werden sollten, und wollte das eigendlich selber bezahlen ( das Geld hatte ich auch dabei ) aber da ich eine Bescheinigung meiner Psychologin hatte, da ich eine panische Angst vor Spritzen hatte, und das alles in Vollnarkose stattfinden musste und das vorzeigte, wurde meine Behandlung abgelehnt . Weil die davon ausgingen, das ich psychiche Probleme habe, das ist aber nicht der Fall, in der Bescheinigung stand nur, das bi mir Panikattacken und Ängst so starkt ausgprägt sind, das der Eingriff unter Anästie durchgeführt werden soll.
Die Behandlung wurde mir gstern 17 . Dezember verweigert.
Sehr schlecht von dieser Kieferchirugie
Update : Um 22 . Dezember 2020 um 19.41 Uhr rief mich Herr M. an, und drohte mir mit seinem Anwalt, sollte ich die negative Bewertung nicht entfernen.
Nichts gegen Herr M., doch wenn der gute Mann seinen Narkosearzt nicht im Griff hat, kann ich leider nichts dafür .
Der Termin am 17 . Dezember stand fest, doch sein Narkosearzt hat mich leider mit Schmerzen stehen lassen.
Dann muss der das mit dem Narkosearzt klären .
Ich kann keine positive Bewertung geben, wenn nichts positives ist.
PS : Der M. hat eine Anzeige auf der Polizei gemacht, wegen Verleumdung . Wegen einer Bewertung mit dem die Person nicht umgehen kann . Also da frag ich mich, ob der minderbemittelt ist .
Ganz normal ist der nicht.
Gegen diese Bewertung ist der Kläger sodann vorgegangen. Google wollte die Bewertung nicht löschen.
Entscheidung des Gerichts
1. War die Beanstandung einer Internetbewertung gegenüber einem Hostprovider auf bewusst falschen Tatsachenvortrag (hier: wahrheitswidrige Leugnung eines Behandlungsverhältnisses) gestützt, so löst diese Beanstandung keine Prüfpflichten des Hostproviders aus.
2. Ein Hostprovider ist im Rahmen der Prüfung, ob eine auf seinem Internetportal veröffentlichte Bewertung eines Arztes rechtswidrig ist, nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären, wenn ihm unterschiedliche Schilderungen des Arztes und des Patienten über den Verlauf des Behandlungstermins vorliegen und keine objektiven Anhaltspunkte für die Richtigkeit der einen oder der anderen Schilderung sprechen.
Fazit
Wenn man als Arzt gegen eine Bewertung vorgeht und wahrheitswidrig leugnet, dass der Patient Patient gewesen ist, dann löst dies auf Seiten des Hostproviders – hier Google – keine weitergehende Prüfpflichten aus. Google ist nicht verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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