In einem Urteil vom 9. April 2024 hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg – AZ 13 U 48/23 – entschieden, dass Versicherungsnehmer, die von einem Detektiv überwacht wurden, ein Recht auf Auskunft und Herausgabe der gesammelten personenbezogenen Daten nach Artikel 15 Abs. 3 DSGVO haben. Dieses Urteil stärkt die Rechte der Versicherten im Datenschutz und setzt ein klares Zeichen gegen die unrechtmäßige Zurückhaltung von Informationen durch Versicherungen.
Hintergrund des Falls
Dem Urteil ging ein Verkehrsunfall voraus, bei dem der Kläger verletzt wurde. Um Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wandte sich der Kläger an die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Diese hegte jedoch den Verdacht, dass die vom Kläger angegebenen Verletzungen weniger schwerwiegend waren als behauptet, und beauftragte eine Detektei mit der Observation des Klägers. Über mehrere Wochen hinweg sammelte die Detektei umfangreiche Daten über den Gesundheitszustand und die Alltagsaktivitäten des Klägers und erstellte einen detaillierten Ermittlungsbericht.
Der Rechtsstreit
Der Kläger forderte vor dem Landgericht Osnabrück von der Versicherung Auskunft über die gesammelten personenbezogenen Daten nach Artikel 15 DSGVO sowie eine Kopie des Detektivberichts gemäß Artikel 15 Abs. 3 DSGVO. Die Versicherung erteilte die Auskunft nur teilweise und berief sich auf ein datenschutzrechtliches Geheimhaltungsinteresse. Das Landgericht gab der Versicherung recht und wies die Klage ab, da es ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse der Versicherung anerkannte.
Das Urteil des OLG Oldenburg
Der Kläger legte Berufung ein, und das OLG Oldenburg gab ihm schließlich recht. Das Gericht entschied, dass der Kläger gemäß Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein Recht auf Auskunft über die von der Detektei gesammelten personenbezogenen Daten habe. Der 13. Zivilsenat des OLG Oldenburg betonte, dass Versicherungsnehmer ein schutzwürdiges Interesse daran haben, zu erfahren, welche personenbezogenen Daten über sie gesammelt und verarbeitet wurden, um die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil stellt klar, dass Versicherungen nicht ohne Weiteres Informationen zurückhalten können, die sie durch Detektivbeobachtungen gewonnen haben. Das OLG Oldenburg stellte fest, dass die personenbezogenen Daten des Klägers keine Geschäftsgeheimnisse der Versicherung darstellen und dass die Versicherung die Erkenntnisse aus den Ermittlungsberichten in späteren Rechtsstreitigkeiten ohnehin offenlegen müsste.
Fazit
Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Datenschutzrechte von Versicherungsnehmern. Es unterstreicht, dass Versicherungen verpflichtet sind, Transparenz zu wahren und den Versicherten Zugang zu den über sie gesammelten Informationen zu gewähren. Für Versicherungsnehmer bedeutet dies mehr Sicherheit und Klarheit im Umgang mit ihren personenbezogenen Daten.
Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
externer Datenschutzbeauftragter
Lehrbeauftragter für IT-Recht an der RWU
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Lutz, LL.M. berät Firmen und private Mandanten in den Rechtsgebieten des IT-Rechts, wozu unter anderem das Datenschutzrecht (BDSG, DSGVO, TDDDG...), Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, E-Commerce-Recht, Social Media Recht und das Recht der Künstlichen Intelligenz gehören.
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